
Als Kind war die schwäbisch-alemannische Fasnet für mich eine Zeit voller Vorfreude – und ein bisschen Angst. Ich bin im Schwäbischen aufgewachsen, und dort gehört die Fasnet einfach dazu. Ich liebte das bunte Treiben, die Musik, das Konfetti. Doch wenn die Hexen mit ihren wilden Masken und zotteligen Gewändern durch die Straßen tobten, klopfte mein Herz schneller. Faszination und Furcht – diese Ambivalenz gehört zur Fasnet einfach dazu.
Anders als der rheinische Karneval mit seinen Prunksitzungen ist die schwäbisch-alemannische Fasnet tief in alten Traditionen verwurzelt. Schon im Mittelalter zogen Narren durch die Gassen, um den Winter zu vertreiben und den Mächtigen einen Spiegel vorzuhalten. Heute noch spielen die Narrenfiguren mit Licht und Schatten: Der Teufel tanzt durch die Stadt, doch er wird verspottet. Die Hexen erschrecken, aber auch sie gehören zum Spiel.
Die Fasnet ist eine Zeit, in der gesellschaftliche Entwicklungen humorvoll kritisiert werden. Die Narrenfreiheit erlaubt es, das auszusprechen, was sonst vielleicht verborgen bliebe. Gerade in Zeiten von Unsicherheit und Umbrüchen kann uns das etwas lehren: Kritik kann kreativ sein, Lachen kann entwaffnen, und manchmal hilft eine Maske, um die Wahrheit zu sagen.
Und dann kommt der Aschermittwoch – und mit ihm der „Ernst des Lebens“. Doch vielleicht nehmen wir ein bisschen von der Fasnetsweisheit mit: Mut zur Wahrheit, Freude am Spiel und die Erkenntnis, dass das Leben beides braucht – Licht und Schatten, Lachen und Nachdenken.
Deine Pfarrerin Martina Klein

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